So bin Ich

Konditionierung: "So bin Ich"

Suppressionen und Einschränkungen im erzieherischen Milieu: Unterordnung unter den Willen eines anderen, so daß die eigenen Bedürfnisse und die eigenen Motive, insbesondere aber die Gefühle nicht ausgedrückt werden sollten, sondern zurückgehalten werden mussten. Keine besondere Thematik wurde unterdrückt. Als sei es in der Familie allgemein üblich gewesen, daß "man als Kind" sich nicht profiliert gegenüber den Bedürfnissen und Gewohnheiten der Erwachsenen. Ein solches Verhalten muß nicht ausdrücklich unterdrückend sein, sondern kann durch Beschwichtigungs- und Mahnungsformeln chronisch und schuldzuweisend indoktriniert werden.

In dem Patienten hat es einen Widerspruchsgeist mit dem Wunsch erzeugt, "aus Prinzip" zu sagen, was er denkt. Bei solch einer Haltung besteht die Gefahr, dass das Sagen oft des Sagenswillen geschieht und nicht, weil ein Inhalt damit ausgedrückt werden soll. Anpassungen an vorgegebene Regeln bedeuten bei sensiblen Menschen oft auch rückkoppelnde Schwächung des eigenen Ich, da der Wert des Ich am Wert gemessen wird, der durch die Umwelt zugelassen wird (Ablehnung oder Bestätigung). Insofern wird das Ausdrücken des eigenen Denkens und Fühlens zur Bestätigung (über die Antwort und Reaktion der anderen) des eigenen Ich. In diesem Sinne benutzt der Patient seine nach außen getragene Rede, um seinen eigenen Wert abzuschätzen. Dieser Wert ist durch die erzieherische Suppression und die daraufhin folgenden Selbstkritiken instabil. Besser: Er wurde instabil gemacht, wenngleich er ursprünglich nicht instabil war.

Um dieses zu korrigieren, sucht der Patient nun nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten. Wofür? Für veränderte Strukturen des Fühlens und Denkens, die es zu erwerben gilt, da die alten, gleichgültig, ob sie bereits aus der Gewohnheit der Kindheit oder der Gewohnheit des Erwachsenenlebens stammen, nicht mehr genügend taugen.
Solche neue Strukturen sind nur über die Wege der Selbstorganisation, der Konzentration der eigenen Kräfte, der Abgrenzung von den Einflüssen anderer und dann durch die Beschäftigung mit grundsätzlichen Dingen (Lebenshaltung, Weltanschauung, Religionen) zu erwerben, wobei die in der heutigen Welt vielfältig angebotenen Bilder darauf geprüft werden müssen, inwieweit sie der Persönlichkeit des Patienten unmittelbar und unbeeinflusst entsprechen.

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